Dirk Baecker | Essay |

Unter falschem Namen

Ein Kommentar zum Protest gegen die Reform des WissZeitVG und darüber hinaus

Knapp 3.000 Professorinnen und Professoren waren es, die den mit „Nivellierung statt Novellierung“ (#ProfsFuerHanna) übertitelten Aufruf nach seiner Veröffentlichung noch unterzeichnet haben, zusätzlich zu den 218 Erstunterzeichner:innen. Meine eigene Unterschrift findet sich unter der Ziffer 385. So viel Solidarität war selten und sie mag üblicherweise eher zurückhaltenden Akademiker:innen hier vermutlich leichter gefallen sein als sonst, weil sie nicht für sich selbst eintraten, sondern Forderungen für den „Mittelbau“ stellten. Es ging ihnen darum, gegen eine geplante Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) zu protestieren, die unter anderem vorsah, die Befristung der Verträge für Doktorand:innen auf sechs Jahre und die der Verträge für Postdocs auf drei Jahre zu begrenzen. Der Protest zeigte rasch Wirkung, denn der Entwurf wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung schnell zurückgezogen und wird derzeit neu beraten.[1]

Der Protest der den Aufruf unterzeichnenden Professor:innen aber auch anderer im akademischen Betrieb beschäftigter Gruppen richtet sich vor allem gegen die Befristung der Verträge in der Postdoc-Phase. Niemand ist in der Lage, innerhalb von drei Jahren die erforderlichen Qualifizierungsstufen zu erreichen, die notwendig sind, um auf eine Professur berufen zu werden. Die Anfertigung einer Habilitationsschrift, das Einreichen und Publizieren zahlreicher Fachartikel, die Arbeit in der Lehre und in der Selbstverwaltung der Universität, ganz zu schweigen von einer möglicherweise parallel laufenden Familiengründung, nehmen unabhängig vom akademischen Fach in der Regel mindestens den doppelten Zeitraum in Anspruch.

Es darf davon ausgegangen werden, dass man auch im Bundesministerium für Bildung und Forschung um diesen Bedarf an Zeit für eine akademische Qualifikation weiß. Man muss sich also fragen, was mit der Novellierung des WissZeitVG ebenso wie bereits mit seiner ersten Verabschiedung im April 2007 beabsichtigt ist. Für mich sind nur zwei Motive denkbar: Entweder wird versucht, die Finanzierung der akademischen Qualifikation aus staatlich finanzierten Universitäten ebenso wie aus drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten herauszulösen und privaten Anstrengungen zu überlassen. Oder, und das gilt vor allem für die Postdoc-Phase, man versucht Anreize dafür zu setzen, dass Universitäten Dauerstellen schaffen, auf denen unbefristet wissenschaftliche Arbeit geleistet werden kann. Ich nehme an, dass das zweite Motiv für die Einführung des WissZeitVG maßgeblich war. Man versucht, promovierte Wissenschaftler:innen aus prekären Beschäftigungsverhältnissen zu befreien, indem sie entweder auf Dauerstellen an Universitäten beschäftigt werden – oder die Universität verlassen.

Dem läge jedoch ein einigermaßen zynisches Kalkül zugrunde, denn solche Dauerstellen im Mittelbau existieren schlichtweg nicht. Eine erfolgreiche Karriere ist an Universitäten nur möglich, indem man entweder auf eine der im Verhältnis zu möglichen Bewerber:innen viel zu seltenen Professuren berufen wird oder indem man in die universitäre Verwaltung geht. Die sicheren Karriereaussichten, die das WissZeitVG sich und anderen in Aussicht gestellt hat, sind daher primär sichere Aussichten auf eine unmögliche Karriere in jenem Fach, dem man sich mit Studium und Promotion verschrieben hat. Und natürlich behauptet niemand, dass die im Zuge der Bologna-Reform immerhin gestiegenen Zahlen an Verwaltungsstellen in der Universität das geeignete Auffangbecken für promovierte Akademiker:innen sind. Das WissZeitVG ist somit ein Gesetz zur Verdrängung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus den Universitäten. Die Wissenschaftler:innen mögen, sollte sie ihr Einblick in die in Academia herrschenden Verhältnisse nicht bereits von der Promotion abhalten, in der Wirtschaft, in Behörden, in der Kirche, in NGOs und in Stiftungen ihre weitere Beschäftigung finden. Immerhin sind aktuell etwa 120.000 Forscher:innen an Universitäten, 60.000 in staatlichen Institutionen und 270.000 in der freien Wirtschaft tätig.[2] Das WissZeitVG könnte einen nicht unerheblichen Beitrag dazu leisten, den Blick der Akademiker:innen für Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Universität zu schärfen. So oder so existieren ausreichend viele Fächer, in denen ein Doktortitel nicht den Einstieg in eine Universitätslaufbahn, sondern, falls man über der Promotion nicht zu alt geworden ist, bessere Aussichten auf eine außeruniversitäre Karriere eröffnet.

Das aber bedeutet, dass das WissZeitVG unter irreführendem, wenn nicht gar unter falschem Namen läuft. Eigentlich handelt es sich um ein UniversitätsBeschäftigungsBefristungsGesetz (UniBeBeG). Schließlich stellt es mitnichten die für die wissenschaftliche Arbeit erforderliche Zeit zur Verfügung, sondern setzt Höchstgrenzen (und Mindestlaufzeiten) für die Befristung von Verträgen an Universitäten für promovierende und promovierte Mitarbeiter:innen.[3] Es ist ein UniversitätsBeschäftigungsVerdrängungsGesetz (UniBeVeG). Denn das wäre nur dann nicht der Fall, wenn Bund und Länder den Universitäten genügend Mittel bereitstellten, um für einen erheblichen Ausbau an unbefristeten Stellen für den wissenschaftlichen „Nachwuchs“ diesseits der professoralen Berufung zu sorgen. Andere Länder haben diesen Weg mit unbefristeten Stellen für Lektor:innen und Forscher:innen beschritten, doch davon ist in Deutschland nichts zu sehen. Stattdessen setzt man hierzulande auf den Ausbau von billigen Lehraufträgen.

Das Dilemma der deutschen Hochschulen

Der überwältigende Zuspruch für die Unterschriftenliste unter #ProfsFuerHanna erklärt sich demnach daraus, dass das Dilemma der Beschäftigungsverhältnisse an staatlichen wie staatlich anerkannten Universitäten und Hochschulen auf der Hand liegt. Allein zwischen 2002 und 2022 wuchs die Zahl der Studierenden an deutschen Hochschulen um eine Million auf 2,9 Mio. Studierende (mit einem Rückgang um 30.000 Studierende zwischen 2021 und 2022).[4] 1951 waren es noch 130.000 Studierende,[5] von früheren Zeiten ganz zu schweigen.[6] Zeitgleich war die Zahl der hauptberuflichen Professoren von 33.000 auf 35.000, die der hauptberuflichen Professorinnen von 4.000 auf beinahe 14.000 gestiegen.[7] Unter Einschluss des „akademischen Mittelbaus“ beträgt 2021 die Zahl des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals 257.600 Personen, darunter 114.000 Frauen.[8] Das große Feld des Mittelbaus ist unübersichtlich und mit befristeten wie unbefristeten Stellen ausgestattet, so dass immer wieder für einzelne Wissenschaftler:innen der Eindruck entstehen kann, dass sich schon irgendwann die eine oder andere Chance für sie ergeben wird. Doch das ist nur selten der Fall: Prekär ist die Botschaft, prekär ist die Anstellung.

Entscheidend ist jedoch das Missverhältnis zwischen dem rasanten Wachstum der Anzahl von Studierenden und der Zahl verfügbarer Professor:innenstellen. Entscheidend ist auch, dass Gesetze zur Regelung der Beschäftigungsverhältnisse für den „Nachwuchs“ (immer wieder in Anführungszeichen zu setzen, weil die Bezeichnung der bereits geleisteten wissenschaftlichen Arbeit der so Genannten nicht gerecht wird) auf der einen Seite durch das Verbot einer unbegrenzten Immer-wieder-Neubefristung („Kettenverträge“) klare Verhältnisse zu schaffen versuchen, auf der anderen Seite jedoch verhindern, dass die Universitäten mit einem hinreichenden Personal für eine angemessene Ausbildung der Studierenden versorgt sind. Das WissZeitVG schafft keine Zeit für die Wissenschaft, es blockiert die Beschäftigung an Universitäten.

Deswegen ist auch der Protest gegen den vorgelegten Entwurf zur Reform des WissZeitVG eine Form von Augenwischerei, wie alle Beteiligten und Unterzeichner:innen wissen. Es kann nicht nur darum gehen, ob Postdocs für ihre Qualifizierungsarbeiten drei oder sechs oder neun Jahre zur Verfügung haben. Es kann nur darum gehen, die Universität grundlegend zu reformieren, für eine andere Art der Struktur des Lehrpersonals und für eine angemessene Ausbildung der Studierenden zu sorgen. So gerechtfertigt es ist, sich Sorgen um eine mögliche Überakademisierung der deutschen Bevölkerung zu machen, so wichtig wäre es, sowohl für das Studium als auch für die Promotion klare Signale zu senden, die jede einzelne betroffene Person in die Lage versetzen, sich für oder gegen ein Studium, für oder gegen eine Promotion und für oder gegen eine anschließende akademische Karriere zu entscheiden.

Im Moment jedoch betreibt die Politik mehr unwillkürlich als willkürlich den Niedergang der deutschen Universitäten. Niemand wünscht sich ihren Verfall, aber alle schauen dabei zu. Unter den Studierenden werden die Klügsten abgeschreckt, die sich mit lieblosen Vorlesungen und belanglosen Seminaren nicht abspeisen lassen wollen. Und unter den Promovierenden und Promovierten sind es die Ehrgeizigsten, die ins Ausland abwandern (Ist es da wirklich so viel besser?[9]) oder besser noch ihr Auskommen in der Wirtschaft beziehungsweise im privatwirtschaftlich organisierten Bereich von Forschung und Entwicklung suchen. Man lässt die Verhältnisse entmutigend für sich selbst sprechen, statt eine Entscheidung darüber zu treffen, was man von und an der Universität erwartet und was nicht.

Vermutlich liegt das Dilemma sogar noch tiefer. Es ist nicht nur das WissZeitVG, das unter falschem Namen segelt. Es ist vielmehr die ganze Universität, die so tut, als sei sie der Ort der Wissenschaft, obwohl ihre primäre Aufgabe – man erkennt es an nicht umsonst so genannten „Lehrstühlen“, „Studiengängen“ und „Studierenden“ – die Lehre ist. Die Wissenschaft ist „nur“ das Medium, in dem diese Lehre stattfindet. Man wird theoretisch und methodisch geschult; und diese Schulung liegt mit Recht in den Händen derer, die Theorien und Methoden in ihrer alltäglichen Forschung einsetzen. Es sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an Universitäten beschäftigt werden, um eine Ausbildung gewährleisten zu können, die für viele berufliche Wege, darunter auch der Weg in die Wissenschaft, geeignet ist. Stattdessen jedoch wird umgekehrt der Eindruck erweckt, als seien Universitäten die geborenen Orte für das Betreiben von Wissenschaft und erst in zweiter Linie Orte, die mehr oder minder zufällig auch über die Zeit und andere für die Ausbildung von Studierenden nötige Ressourcen verfügen. Letztere müssen dann nehmen, was abfällt. Und je weiter die Jahre voranschreiten, desto mehr wird jede Wissenschaftlerin, jeder Wissenschaftler zu einer Lehrperson, die nur noch damit beschäftigt ist, ihre bereits gefundenen und kaum noch überprüften Wahrheiten mit jedem Semesterbeginn aufs Neue einem anderen Publikum zu verkünden. Das Problem besteht nicht nur darin, dass die Köpfe der Lehrenden allmählich verkalken, was bereits Wilhelm von Humboldt nahegelegt hat, indem er auf den rascheren und lebendigeren Gang der Wissenschaft „unter kräftigen, rüstigen und jugendlichen Köpfen“ hingewiesen hat.[10] Das Problem besteht vielmehr darin, dass die vermeintlichen Wahrheiten und von ihnen abgelehnten Unwahrheiten der Alten die Universität vergiften, wenn sie nicht rechtzeitig die Kurve kriegen, sich stattdessen auf ihr Wissen um die Kunst der Problemstellung und des methodischen Zweifels zurückzuziehen.

Wenn die Universität sich primär als Ort der Wissenschaft begreift, wird die Wissenschaft zur Geisel der Universität. Das tut beiden Seiten nicht gut. Die Freiheit von Forschung und Lehre ist fest in staatlichen Händen. Und die Lehre wird zum Supplement einer Institution, die so tut, als habe sie jede Erkenntnis mitsamt ihrer Kritik gepachtet. Hier hat sich historisch, nämlich im Schlepptau der Lehrer-, Beamten- und Medizinerausbildung sowie zugunsten der sich einnistenden Naturwissenschaften bewährt,[11] woran sich politisch niemand mehr vergreift, weil man nicht weiß, welche Kaskade an Anschlussproblemen jede tiefergreifende Umorientierung nach sich zöge. Hier und da entstehen private Universitäten, die auf offenkundige Defizite der staatlichen Universitäten mit Maßnahmen der Profilbildung in Lehre und Forschung reagieren, jedoch über staatliche Akkreditierungen bis hin zum Promotions- und Habilitationsrecht schnell wieder eingefangen und in „normale“ Bahnen gelenkt werden.

So gesehen ist der Streit um die Höchstgrenzen für Befristungen auch ein Stellvertreterstreit. Er erlaubt es, über Detailprobleme zu sprechen, ohne übergreifende Probleme zu adressieren. Der Mittelbau muss es ausbaden, während sich die Professor:innenschaft zum Teil für Lösungen begeistert, die in Wahrheit keine sind. Wie ein Damoklesschwert hängt eine Debatte um die Teleologie der Universität über allen Beteiligten, die um jeden Preis zu vermeiden ist. Die Grundrechtsgarantie der Freiheit von Forschung und Lehre wird so ausgelegt, als habe der Staat, also Bund und Länder, diese selbstverständlich auch zu finanzieren. Die Politik ergreift die Chance, für die Alimentierung einer Universität zuständig zu sein, die zugleich so unterfinanziert und unterausgestattet ist, dass gesellschaftliche Störungen durch eine Ausbildung, die diesen Namen wirklich verdient, nahezu ausgeschlossen sind. Grundlagenforschung, die technologisch brauchbar und zukunftsweisend ist, wird über Partnerschaften mit der Wirtschaft finanziert – und bei Bedarf an die Fraunhofer-Institute ausgelagert. Die Ausbildung von Lehrkräften wird über pädagogische und didaktische Konzepte gegenüber einer aufregenden, alle möglichen Sinn- und Methodenfragen stellenden Interaktion mit Lehramtskandidat:innen entschärft. Und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften betreiben Sozialkunde, garniert mit einem kritischen Selbstbewusstsein, das jedes Augenmaß vermissen lässt, um noch beurteilen zu können, mit welcher Gesellschaft sie es zu tun haben.

Wenn man sich klarmacht, an welchem Ruin hier gearbeitet wird,[12] kann man sich nur wundern, für wie gefährlich die Universität offenbar gehalten wird. Ist das womöglich immer noch eine Reaktion auf die studentischen Unruhen in den 1960er-Jahren? Auf der einen Seite ein Marsch durch die Institutionen, auf der anderen Seite ein schleichender, eher hingenommener als beabsichtigter Abbau der Institution? Dabei liegt auf der Hand, woran zu arbeiten wäre und welche drängenden Aufgaben sich stellen: Die Gesellschaft sucht einen Ausweg aus dem durch die Ausbeutung fossiler Energien seit der Industrialisierung offenbar zum Schicksal gewordenen Wachstumspfad. Jede erdenkliche Form sozialer Balance, die zwischen Beruf, Karriere und Konsum bisher im Sog dieses Wachstums lag, muss neu gefunden werden. Die Universität ist der Ort, wo Lehrende und Studierende in der Auseinandersetzung mit den Professionen jede gesellschaftliche Praxis auf den Prüfstand stellen könnten. Zaghaft findet das hier und dort auch statt, gekrönt mit dem Label „transformativer“ Forschung.

Nur der sogenannte Mittelbau könnte für die erforderliche Unruhe in den Universitäten sorgen. In der Auseinandersetzung mit der Professor:innenschaft, die die Standards von Theorie und Methode hochhält, auf der einen Seite, und den Studierenden, die zwischen Aufbegehren und Karriere oszillieren, auf der anderen kann er die Impulse einer gesellschaftlichen Relevanz wissenschaftlicher Ausbildung setzen. Das ist seine einzige Chance. Doch diese Chance kann er nur ergreifen, wenn keine Dauerbefristung ihn an der kurzen Leine der Bedienung professoraler Vorlieben, der Verwertung in der Drittmittelforschung und modischer Kritik hält. Wir brauchen eine politische Entscheidung für den Ausbau des Mittelbaus – und alle wissen das. Diese Entscheidung muss den Steuerzahler:innen vorgelegt – und mit ihnen diskutiert werden.

Einen besseren Ort als die Universität für die kritische Reflexion und Gestaltung der gesellschaftlichen Entwicklung haben wir nicht. Sie stellt das Personal für ein strategisches Denken in Behörden, Unternehmen, Kirchen, Parteien, Stiftungen, NGOs, Think Tanks, in Kunst und Kultur, in den Massenmedien und nicht zuletzt in der Wissenschaft, auch wenn man immer wieder daran erinnern muss, dass der Rücklauf professioneller Erfahrungen in die Universität nach wie vor zu wünschen übriglässt.[13] Man stelle sich eine Universität vor, in der der Mittelbau aus Karrieregründen zur Kontaktfläche zwischen gesellschaftlichen Aufgaben und akademischer Reflexion wird! Die Fakultäten und Departments werden Bootcamps problemorientierter Forschung! Unvorstellbar. Stattdessen arbeitet der Mittelbau einer Drittmittelforschung seiner Vorgesetzten zu, die fest im Griff einer Gutachterkultur ist, die keine anderen Standards kennt als die jener Fachwissenschaften, die längst vor der gesellschaftlichen Komplexität kapituliert haben.

Aktuell ist die Universität das Konfliktfeld einer konzeptionell vagen Hochschulpolitik, einer mit Drittmittelanträgen und Punktesammeln beschäftigten Professor:innenschaft, einem gestressten Mittelbau und einer scheinbar gleichgültigen Studierendenschaft. Der Protest gegen das WissZeitVG ist einer der seltenen Momente, in denen der verbreitete und ratlose Unmut einen halbwegs organisierten Ausdruck findet. Ob das etwas ändert, ist zu bezweifeln, aber das ist kein Grund, darauf zu verzichten.

  1. Siehe die Chronologie der Ereignisse auf https://profsfuerhanna.de.
  2. Siehe BMBF, Bildung und Forschung in Zahlen 2022, datenportal.bmbf.de/bild-14.
  3. Bezeichnenderweise erlaubt der Duden das Verb „promovieren“ sowohl in der Bedeutung „die Doktorwürde erlangen“ beziehungsweise „eine Dissertation schreiben“ als auch in der Bedeutung „die Doktorwürde verleihen“. Die ursprüngliche Bedeutung, der gemäß nur Fakultäten promovieren (die Doktorwürden verleihen) dürfen, die das Promotionsrecht haben, lässt sich angesichts des abweichenden Sprachgebrauchs nicht mehr aufrechterhalten. Man ist versucht, diese Unschärfe nicht nur als Symbol einer Selbstermächtigung, sondern auch als opportune Verwischung von Machtverhältnissen zu lesen.
  4. Siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/221/umfrage/anzahl-der-studenten-an-deutschen-hochschulen/.
  5. Siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1113491/umfrage/anzahl-der-studenten-an-deutschen-hochschulen/.
  6. 1913 waren es knapp 72.000 Studierende, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1084480/umfrage/gesamtzahl-der-studierenden-im-deutschen-reich/, 1865 circa 12.000 Studierende, so https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Universität#Das_19._Jahrhundert.
  7. Siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/160365/umfrage/professoren-und-professorinnen-an-deutschen-hochschulen/.
  8. Siehe https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/personal-hochschulen.html.
  9. Siehe Ralf Pauli / Reinhard Wolff / Reiner Wandler / Daniel Zylbersztajn-Lewandowski, Geht’s WissenschaftlerIn Hanna im Ausland besser?, in: die tageszeitung, 5. April 2023, S. 7. Und vgl. auf Twitter #HannaGehtInsAusland.
  10. Siehe Wilhelm von Humboldt, Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin, in: Ernst Müller (Hg.), Gelegentliche Gedanken über Universitäten, Leipzig 1990, S. 273–283, hier S. 280.
  11. Siehe Rudolf Stichweh, Wissenschaft, Universität, Professionen: Soziologische Analysen, Frankfurt am Main 1994.
  12. Mit einem Stichwort von Bill Readings, The University in Ruins, Cambridge, MA 1996.
  13. So schon Herbert A. Simon, The Science of Design – Creating the Artificial, in: ders., The Sciences of the Artificial, 3. Aufl., Cambridge, MA, S. 111–138.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Stephanie Kappacher.

Kategorien: Arbeit / Industrie Bildung / Erziehung Politik Recht Universität Wissenschaft Zivilgesellschaft / Soziale Bewegungen

Dirk Baecker

Professor Dr. Dirk Baecker ist Soziologe und lehrt Kulturtheorie und Management an der Universität Witten/Herdecke.

Alle Artikel

PDF

Zur PDF-Datei dieses Artikels im Social Science Open Access Repository (SSOAR) der GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften gelangen Sie hier.

Empfehlungen

Amrei Bahr

Zwischen Humboldt und Neoliberalismus

Rezension zu „Exzellent!? Zur Lage der deutschen Universität“ von Peter-André Alt

Artikel lesen

Carsten von Wissel

Von Twitter aus in den Plenarsaal

Rezension zu „#IchBinHanna. Prekäre Wissenschaft in Deutschland“ von Amrei Bahr, Kristin Eichhorn und Sebastian Kubon und zu „#95vsWissZeitVG. Prekäre Arbeit in der deutschen Wissenschaft“ von ebd. (Hg.)

Artikel lesen

Arbeiten in Academia

Ein Schwerpunkt aus gegebenem Anlass

Artikel lesen

Newsletter